Barbara Kaufmann

Talks

©️ Claudia Kempf

Barbara Kaufmann kam über die rhythmische Gymnastik zum Tanz. 1977 bot Jessica Iwanson ihr ein Stipendium im gerade neu eröffneten Iwanson Dance Center München an. Hier absolvierte sie ihre Tanzausbildung und sammelte erste Bühnen­erfahrungen. 1980 folgte eine zweijährige, sehr inspirierende Zusammenarbeit mit Brigitta Trommler im Tanzprojekt München. In diesen ersten Jahren reiste Barbara Kaufmann auch zu längeren Studienaufenthalten in New York, Paris und Stockholm.

Susanne Linke holte sie 1984 ans Folkwang Tanzstudio in Essen, wo sie auch Gelegenheit hatte, mit Jean Cébron und Hans Züllig zu studieren. Von da aus war der Weg nach Wuppertal zu Pina Bausch nicht mehr weit. Sechs Jahre nachdem sie in München zum ersten Mal die Fernsehaufzeichnung von Le Sacre du Printemps gesehen hatte, tanzte sie nun selber in dieser Choreographie auf der Bühne des Opernhauses Wuppertal. 1987 wurde sie festes Ensemblemitglied und der Film Die Klage der Kaiserin war ihre erste Kreation mit Pina Bausch. Prägend in dieser Zeit war auch die Arbeit mit Alfredo Corvino, dem langjährigen Ballettmeister der Compagnie.

Anfang der 2000er Jahre holte Pina Bausch sie als Assistentin zu sich ans Regiepult. Parallel zu ihrer Tätigkeit als Tänzerin übernahm Barbara Kaufmann neue Aufgaben als Probenleiterin zunächst bei Einstudierungen von Das Frühlingsopfer‚ Iphigenie auf Tauris und 2004 die Rekonstruktion des Tannhäuser-Bacchanal aus dem Jahr 1972 mit dem Folkwang Tanzstudio. Im Laufe der Jahre erweiterte sich die Probenleitung auf verschiedene andere Repertoirestücke und die Kreation von Rough Cut, die in Seoul entstand. Durch diesen Perspektivwechsel und die unmittelbare Zusammenarbeit mit der Choreographin konnte sie einen neuen Blick auf die Stücke entwickeln. Nach dem Tod von Pina Bausch und der Gründung der Pina Bausch Foundation 2009 erweiterte sich ihre Arbeit auf Projekte der Foundation im Bereich der Archiv- und Dokumentationsarbeit, der Entwicklung von Videonotations- und Oral-History Projekten sowie der Weitergabe von Stücken an andere Tanzensembles. So war sie 2017 an der Einstudierung von Das Frühlingsopfer mit dem English National Ballet maßgeblich beteiligt und 2019 an der Einstudierung von Iphigenie auf Tauris mit dem Ballett der Semperoper in Dresden. 2018 arbeitete sie als Probenleiterin zusammen mit dem griechischen Künstler Dimitris Papaioannou für das Stück Seit sie, die erste abendfüllende Produktion eines Gastchoreographen für das Tanztheater Wuppertal.

2011 wirkte sie in dem Film PINA von Wim Wenders mit. In ihrer Heimatstadt München wurde sie 2012 mit dem ‚Isadora-Tanzpreis‘ ausgezeichnet. An ihrem 60. Geburtstag 2019 schließt sich der Kreis für sie und sie feiert ihren Abschied vom Repertoire als Tänzerin mit 1980 - Ein Stück von Pina Bausch, dem Stück, mit dem sie als Ensemblemitglied zum ersten Mal vor 32 Jahren auf der Bühne stand. Nun konzentriert sie ihre Leidenschaft für die Kunst von Pina Bausch auf den sorgfältigen Erhalt, die lebendige Weitergabe und den innovativen Umgang damit.

Barbara Kaufmann hat zwei erwachsene Söhne, Kasimir und Oskar, mit dem ehemaligen Bausch-Tänzer Urs Kaufmann.