Ruth Amarante

Workshops

© Claudia Kempf

Ruth Amarante, eigentlich studierte Medizinerin, hat sie ihr Leben dem Tanz gewidmet. Die Lust an der Bewegung entdeckte sie schon als Kind für sich. 1963 in Rio de Janeiro geboren, wuchs sie in einem kleinen Ort in der Nähe von São Paulo auf. Neben der Schule besuchte sie eine Tanzschule, in der verschiedene Stile gelehrt wurden. Nach ihrem Schulabschluss 1981 bekam sie sofort ein Engagement beim Teatro de Dança de São Paulo. Sie blieb ein Jahr und bereitete sich in der Zeit auf ihr Studium vor. Von 1982 bis 1988 studierte sie Medizin. Doch nach drei Jahren Studium vermisste sie den Tanz so sehr, dass sie nebenher wieder auf der Bühne stand, trotzdem aber ihren Abschluss in Medizin absolvierte.

"Ich wusste, wenn ich mich wieder dem Tanz widmen will, muss ich meine Technik vertiefen“, erinnert sich Ruth Amarante. In Rio hatte sie Vorstellungen von Susanne Linke gesehen. Modernes Tanztheater begann die Brasilianerin zu interessieren. So bewarb sie sich für ein Vortanzen an der Folkwang Hochschule und wurde dort genommen: "Es gab keinen Plan B. Ich habe mir ein Einweg-Ticket gekauft und bin geblieben“. In den drei Jahren Studium an der Folkwang Hochschule lernte sie Pina Bausch kennen und sah viele Vorstellungen des Tanztheater Wuppertal. Sie bewarb sich bei einem Vortanzen – und wurde 1991 engagiert. Es sei eine schwere Anfangszeit gewesen, sagt Ruth Amarante heute. Eine Zeit des Umbruchs, in der einige ältere Tänzer die Compagnie verließen und viele neue kamen. Die Arbeit war intensiv: "Man musste Verantwortung übernehmen, eigenständig Szenen und Bewegung kreieren“, erinnert sie sich an den Probenprozess mit Pina Bausch. Die Arbeit mit der Choreographin sei ein stetiger Lernprozess gewesen. "Pina hat uns den Weg gezeigt, auch indem sie manchmal nichts gezeigt hat. Sie bot einen leeren Raum an und ein paar Stichworte.“ Darin sei die Kreativität gewachsen.

Den kreativen Prozess vermisst die Brasilianerin heute. Mittlerweile hat sie einige ihrer Rollen – sie hat in fast 30 Stücken der Choreographin mitgetanzt – an jüngere Tänzer abgegeben, ein Prozess, der ihr nicht schwerfällt. Schließlich hat sie schon in ihren Babypausen ab 2001 (sie ist verheiratet und Mutter von drei Kindern) immer wieder Rollen an andere Tänzerinnen weitergegeben. 2016 übernahm sie gemeinsam mit Kollegen die Probenleitung der Neueinstudierung des Pina Bausch-Stücks Für die Kinder von gestern, heute und morgen am Bayerischen Staatsballett. Eine "sehr schöne Erfahrung“, findet sie, mit Tänzern die einen anderen Background haben zu arbeiten, die Pina Bauschs Arbeitsweise nicht kannten, aber große Lust darauf hatten. Sie ist seitdem Probenleiterin verschiedener Stücke beim Tanztheater und Initiatorin und Projektleiterin einiger Vermittlungsformate für Kinder und Jugendliche, unter anderen das großangelegte Jugendtanzprojekt tanz tanz (2017/2018) in Wuppertal in Zusammenarbeit mit zahlreichen Schulen unterschiedlicher Schulformen, Jugendzentren, Künstlern und Mentoren, teils filmisch dokumentiert vom Medienprojekt Wuppertal und gefördert von der Art Mentor Foundation Lucerne.